Welterbe, Wanderungen und Weinbau | Hessen-Pionier Wolfgang Blum

Wolfgang Blum

„Bei mir wird kein 0815-Programm abgespult, es gibt auch keine Geschichtsstunde, sondern ein ganz individuelles Erlebnis. Das schätzen die Gäste – und deshalb kommen sie wieder.“

Wandern mit Wolfang Blum
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Es gab eine Zeit, da war Wandern ziemlich out. Ich freue mich daher riesig über die Renaissance, die das Wandern in den vergangenen Jahren erlebt hat – und habe hier im Rheingau auch ein bisschen etwas angeschoben. Als klar war, dass in unserer Region der Rheinsteig – ein insgesamt 320 Kilometer langer Wandersteig zwischen Bonn, Koblenz und Wiesbaden – entstehen soll, war ich sofort Feuer und Flamme. Das Land Rheinland-Pfalz, Initiator des Projekts, hatte früh erkannt, dass sich mit Wandern Geld verdienen lässt. Schließlich sind Wanderer auch Genussmenschen und meist zahlungskräftige Gäste.

Als das Obere Mittelrheintal Welterbe wurde

2002 wurde das Obere Mittelrheintal UNESCO-Welterbe. Schon kurz darauf erkannte die rheinland-pfälzische Landesregierung, dass die Region Menschen braucht, die künftig Gäste im Welterbetal begleitet. Als ein Lehrgang ausgeschrieben wurde, habe ich mich gemeldet und hatte dann 2007/ 2008 die Freude, die Ausbildung zum zertifizierten Landschafts- und Naturführer Oberes Mittelrheintal zu machen – als einziger Teilnehmer aus dem hessischen Teil des Welterbes. Seither biete ich ein Programm mit Wanderungen an. Das beginnt bei kleinen Schlenderspaziergängen mit Weinverkostungen, die auch mal nur zwei Stunden dauern. Und geht bis hin zu 36-Stunden-Touren, bei denen wir am Ende über 100 Kilometer gewandert sind. Bei unseren Wanderungen am Rheinsteig versuche ich, meinen Gästen die Faszination unserer Heimat, das Welterbe Oberes Mittelrheintal und die Weinregion Rheingau ein bisschen näher zu bringen.

Das Wohl der Gäste im Blick

Der Rheinstieg mit 90 Kilometern im hessischen Teil spielt bei den Wanderungen natürlich eine herausragende Rolle. Von Wiesbaden-Biebrich bis Rüdesheim geht es gemächlich los. In Rüdesheim, dem südlichen Einfallstor zum Welterbe Oberes Mittelrheintal, wird es eng und schmal. Und wenn aus 1000 Metern Breite des Flusses auf Höhe des Oestricher Krans 550 Meter im Binger Loch und an der Loreley nur noch 195 Meter werden, dann wird es dramatisch. Wir nennen diese Strecke bei unserer Wanderung gerne den „Grand Canyon der Romantik“, dann lachen immer alle. Wichtig ist aber schon, dass man den Gästen vorher klar macht, dass der Rheinsteig auch sehr anstrengend ist. Da kommen viele an ihr Limit. Als guter Wanderführer muss ich das Wohl aller gut im Blick haben und auch mal schnell reagieren.

Kein Programm von der Stange

Die Gäste, die zu den Touren kommen, wohnen etwa zu einem Drittel im Rheingau, ein weiteres Drittel reist aus dem gesamten Rhein-Main-Gebiet an, also auch aus den Ballungsräumen Wiesbaden und Mainz – und das letzte Drittel nimmt Entfernungen von 150 Kilometern auf sich. Natürlich kommen die nicht für eine Zwei-Stunden-Wanderung, aber für eine Tagestour. Das läuft alles über Empfehlungsmarketing. Ich habe einen E-Mail-Verteiler mit rund 2000 Menschen, die sich irgendwann mal auf einer meiner Touren wohlgefühlt haben. Die versorge ich regelmäßig mit Informationen zu den einzelnen Wanderungen und lade sie persönlich ein. Bei mir wird kein 0815-Programm abgespult, es gibt auch keine Geschichtsstunde, sondern ein ganz individuelles Erlebnis, selbst bei größeren Gruppen. Das schätzen die Gäste – und deshalb kommen sie wieder.

Meine zweite große Leidenschaft: der Wein

Wichtig ist mir auch, dass die Gäste die Weinregion Rheingau besser kennen lernen. Der Wein – er ist neben dem Wandern meine große Leidenschaft. Seit vier Jahren bin ich Nebenerwerbs-Winzer, bewirtschafte neun übereinander gestaffelte Terrassen in der Assmannshäuser Steillage Berg Frauenstieb. Anfangs haben mich viele Einheimische für ein bisschen verrückt gehalten, aber ich habe mir mit dem eigenen Wein ebenso einen Traum erfüllt, wie mit den Wanderungen. Bei meinen Wanderungen arbeite ich ausschließlich mit örtlichen Erzeugern zusammen. Wenn ich am Bergfrauenstieb einen Wein ausschenke, dann ist er auch dort gewachsen.

Kooperation statt Konkurrenz

Generell ist es so, dass wir hier alle gut zusammenarbeiten, Winzer, Gastronomen, Hoteliers, Wanderführer. Ich sehe noch viele ungenutzte Chancen für unsere Region, beispielsweise in der kalten Jahreszeit. Im Winter öffnen sich Blicke über das Obere Mittelrheintal, die man während der Sommermonate aufgrund der belaubten Bäume nicht hat. Auch die wunderschöne Frühlingszeit und den Spätherbst könnten wir noch besser bewerben. Das ist und bleibt eine große Aufgabe.

Tipps des Hessen-Pioniers Wolfgang Blum:

  • Arbeitet mit örtlichen Erzeugern zusammen.
  • Seht euch nicht gegenseitig als Konkurrenten, denn jeder der mit einer grandiosen Idee kommt, bereichert die Region.
  • Viel läuft über Empfehlungsmarketing. Pflegt aktiv euren E-Mail-Verteiler und versorgt ihn regelmäßig mit Informationen zu den einzelnen Wanderungen.
  • Bei mir wird kein 0815-Programm abgespult, es gibt auch keine Geschichtsstunde, sondern ein ganz individuelles Erlebnis.
 
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