Vom Obstbau zum Hofcafé | Hessen-Pioniere Annette und Andreas Stamm

Annette und Andreas Stamm

„Es ist nicht so, dass unsere Äpfel teurer sind als beispielsweise im Supermarkt, aber trotzdem müssen wir uns anstrengen, sie an die Kunden zu bringen. Das funktioniert durch das Hofcafé viel besser als vorher mit dem reinen Hofladen.“

Obstgut Stamm
Wachholderhof 1
65812 Bad Soden am Taunus /Neuenhain
Telefon: 0 61 96/9 98 98 14

obstgut.stamm@wachholderhof.net

Das Pionierprodukt entdecken

Die deutsche Landwirtschaft ist aufgrund ihrer Rahmenbedingungen nicht mehr wettbewerbsfähig. Das beginnt schon bei den Arbeitskräften. Wir sind auf helfende Hände aus dem Ausland angewiesen. Als ich noch ein Kind war, hatten wir einen Bilderbuch-Bauernhof: Marktfrüchte, Schweine, Kühe. Das ist erst eine Generation her, aber heute wäre so ein Betrieb nicht mehr überlebensfähig. Das ist die Realität und damit müssen wir umgehen.

Ein reiner Hofladen? Brachte uns keine Gewinne

Als wir 2006 den Wacholderhof in Bad Soden im Taunus übernommen haben, war also klar: Wir müssen es anders machen. Wir haben den Hof erstmal auf Obstbau umgestellt, weil wir hier das größte Potenzial gesehen haben. Gleichzeitig haben wir überlegt, wie wir den Hofladen attraktiver gestalten können. Es war damals bereits absehbar, dass mit einem klassischen Hofladen kaum mehr Gewinne erzielt werden können. Wir haben es schließlich selbst ausprobiert. Doch das Konzept Hofladen ging leider nicht ganz auf, am Ende des Tages konnten wir von einer Kiste mit Salatköpfen nur zwei verkaufen.

Kaffee und Kuchen ziehen Gäste an

Dafür haben wir festgestellt, dass die Kunden große Lust auf unseren Kuchen und Kaffee hatten. Heute kommen sie nicht wegen unserer Äpfel zu uns, sondern wegen des Hofcafés. Die Äpfel nehmen sie trotzdem gerne mit, quasi beiläufig. Unser Obstgut Stamm liegt wunderschön idyllisch nah an Bad Soden und trotzdem nah an Frankfurt. Das ist ein echter Vorteil, denn dadurch haben wir viele wohlhabende Gäste. Es ist nicht so, dass unsere Äpfel teurer sind als beispielsweise im Supermarkt, aber trotzdem müssen wir uns anstrengen, sie an die Kunden zu bringen. Das funktioniert durch das Hofcafé viel besser als vorher mit dem reinen Hofladen.

Kooperationen als große Hilfe

Wir sind auch Mitgliedsbetrieb der Vereinigung der Hessischen Direktvermarkter (VHD) und vertreiben unsere Produkte in Supermärkten in der Abteilung Landmarkt. Ursprünglich war das nur ein Netzwerk der regionalen Betriebe, heute ist es durch die Kooperation mit einer Supermarktkette sehr wichtig für unseren Umsatz geworden. Wir generieren deutlich mehr Umsatz durch diese Kooperation und können auch unsere Kosten besser begleichen. Bei dem Landmarkt-Konzept steht im Vordergrund, dass der landwirtschaftliche Betrieb die Wertschöpfungskette selbst in der Hand hat – bis das Produkt beim Endkunden ist. Der Kunde weiß, wo Landmarkt draufsteht, steckt ein regionaler Landwirt mit regionalen Produkten dahinter. Labels sind leider oft Augenwischerei, doch bei Landmarkt dürfen nur regionale Erzeuger mitmachen.

Viele Stammgäste buchen die Apartments

Ein weiteres Standbein sind die Ferienwohnungen. Wir haben die Apartments komplett neu eingerichtet, also richtig investiert – und dabei auch ziemlich mit der Bürokratie und der Baubehörde gekämpft. Es gibt zwar viele Förderprogramme auf der einen Seite, aber auf der anderen Seite werden die Bauvorhaben dann von den Behörden torpediert. Das darf eigentlich nicht sein. Heute laufen die Apartments richtig gut, wir haben viele Stammgäste. Unser Partner Taunus Touristik steht uns da immer gut zur Seite. Wir könnten uns gut vorstellen, unser Angebot zu erweitern – zum Beispiel in Form eines Wohnmobilstellplatzes.

Tipps der Hessen-Pioniere Annette und Andreas Stamm:

  • Sucht euch gute Netzwerke zur Vermarktung eurer Produkte.
  • Baut eure Betriebe divers mit verschiedenen Angeboten auf.
  • Und fangt einfach an! Man muss sich klarmachen, dass man von der Landwirtschaft allein nicht leben kann. Die Ferienwohnungen sind ein größeres Investment, bringen aber auch gute Erlöse. Die Gastro bringt zwar auch gute Erlöse, dennoch ist sie ein zweischneidiges Schwert, weil gerade die Wochenenden sehr arbeitsintensiv sind. Das muss man einfach wissen – und dementsprechend einkalkulieren. Inzwischen können wir sagen, dass unser familiengeführtes Unternehmen auf stabilen Füßen steht. Und dafür hat sich die Mühe definitiv gelohnt.
 
Cookie Consent Banner von Real Cookie Banner